Für Trump ist Merkel Luft

 Auf den ersten Blick zeigt das ikonische Foto vom G7-Gipfel Angela Merkels Mut. Auf den zweiten aber etwas ganz anderes. Eine Kolumne.
Pascale Hugues
Trump sitzt einem Teil der Welt gegenüber und lässt sich offenbar wenig beeindrucken.Foto: BunderegierungWas man aus einer einfachen Aufnahme alles herauslesen kann! Das G7-Foto, das die deutsche Regierung getwittert hatte, sorgte in den sozialen Medien des gesamten Planeten für Furore. Donald Trump sitzt da mit verschränkten Armen, die Lippen zusammengepresst, die Schultern hochgezogen. Um ihn herum stehen die anderen sechs Großen dieser Welt. Angela Merkel im hellblauen Blazer ist der einzige Farbtupfer in diesem Meer dunkler Anzüge: Sie stützt sich mit beiden Händen auf den Tisch, den Oberkörper nach vorne geneigt, streng. Es scheint, als würde sie Trump maßregeln, wie eine Lehrerin einen Schüler, der die Gruppendisziplin nicht einhält.
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Ein geschickter medialer Coup für Deutschland, könnte man auf den ersten Blick meinen: Die Kanzlerin leistet Widerstand. Mutti bietet Trump die Stirn. Sie setzt auf Konfrontation. Was für ein Mut! Was für eine Entschlossenheit! Welch stolze Vertreterin der westlichen Werte angesichts des US-amerikanischen Isolationismus und Unilateralismus!

Königin Europas, mächtigste Frau der Welt?

So macht uns die deutsche Regierung glauben, Angela Merkel sei noch immer die Königin Europas, die mächtigste Frau der Welt. Das ist allerdings schon lange vorbei. Die deutsche Apathie nervt die Europäer, und sie ertragen die Politik der kleinen, vorsichtigen Schritte nicht mehr. Insofern kann man aus dieser Aufnahme auch etwas ganz anderes herauslesen: Merkel ist schwach, sie hat es nicht in der Hand, Trump zu erziehen. Man muss sich das Foto nur näher anschauen. Und entdeckt, dass Trump gar nicht Merkel ansieht, sondern Emmanuel Macron.Der steht zur Rechten der Kanzlerin und spricht mit Trump. Versucht, ihn zu überzeugen, ihm etwas zu erklären, versöhnlich zu sein, vielleicht sogar, ihn zu bezirzen. Und aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist das Foto wesentlich weniger schmeichelhaft für die Kanzlerin: Mit im Geiste erhobenen Zeigefinger textet sie den US-Präsidenten zu, während der ungerührt bleibt. Er ist genervt, soviel ist sicher. Für ihn ist die Kanzlerin schlicht Luft.

Trump meint vielleicht: Ihr könnt mich mal

Und Trump? Auch hier kann man die Bildinterpretation umdrehen. Er sitzt im Zentrum der Gruppe, alle hängen an seinen Lippen. Seine Haltung ist lässig, weil er sich seiner Sache sicher ist. Er erinnert mich an einen Kollegen, der zu offiziellen Terminen immer mit offenem Kragen, ungebügeltem Hemd und unrasiert kam. Das war seine Art zu sagen: Ich stehe über solchen Belanglosigkeiten. Äußerlichkeiten und Codes sind mir so etwas von Wurst.
Aber auch: Ich ruhe in mir selbst. Ich habe die Situation im Griff. Take it easy, will Trump den anderen vielleicht sagen. Was regt ihr euch so auf? Wenn ihr euch zu mir herunterbeugen müsst, habe ich dann nicht alle Karten in der Hand? Und diese verschränkten Arme – eine Haltung, die alles Mögliche ausdrücken kann: Ich bin in der Defensive und schütze mich. Oder, und das ist leider viel wahrscheinlicher: Ihr könnt mich mal, ich werde mich keinen Millimeter bewegen!

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